Das ist was für Spinner, Rambos oder Paranoide und Angsthasen. . .
Selbstverteidigung beginnt im Kopf und ist der Plan B, wenn Plan A (Brauch ich nicht, was soll mir schon passieren!?) versagt. Rory Miller beschreibt dies ganz gut:
Es ist besser zu vermeiden als zu rennen. Es ist besser zu rennen als zu deeskalieren. Es ist besser zu deeskalieren als zu kämpfen. Es ist besser zu kämpfen als zu sterben!
Selbstverteidigung ist kein Kampfsport und keine Kampfkunst, sondern muss einfach und für jeden – egal ob Mann, Frau oder Kind, alt oder jung – anwendbar sein. SV hat das Ziel, möglichst unverletzt aus der Situation zu kommen.
Kampfsport: Menschen treffen sich zu einem fairen Wettkampf mit Regeln und Schutzausrüstung – nach wochenlanger Vorbereitung, unterteilt in Gewichtsklassen und Geschlechter, beobachtet durch einen Schiedsrichter welcher Punkte vergibt und den Kampf jederzeit unterbrechen kann bei Unfairness durch unerlaubte Schläge.
Kampfkunst: Durch jahrelanges Training in einem Dojo erlernt man Techniken von einem Meister, um irgendwann selbst einmal den Pfad eines Meisters zu beschreiten. Es geht um Tradition. In der Regel durch eine Meister-Schüler-Bindung, bei welcher das Gelehrte selten in Frage gestellt werden darf.
Nun, wer das mag, gerne. Jedem seine Sache. Hat aber wenig mit Selbstverteidigung zu tun. Zum Beispiel mit Gewaltprävention. Oder es wird eine Unmenge an verschiedenen Techniken eingeübt, welche im Dojo (bei einem kooperativen Trainingspartner) funktionieren, aber auf der Straße unter Streß, Adrenalin und Tunnelblick
a.) nicht funktionieren,
b.) Hicksches Gesetz tritt in Kraft, was wiederum zu a). führt, oder
c.) sie erstarren Angesichts der unbekannten Situation. Alles endet im Fiasko.
Ist jetzt alles schlecht? Nein, du musst entscheiden was du für dich willst! Aus dem Kampfsport kannst du viel mitnehmen. Das wären Fitness, Ausdauer, du lernst Schläge einzustecken und dich zu bewegen, bzw. du erkennst Bewegungen bei deinem Gegner durch intensives Sparring.
Aus der Kampfkunst sind viele Techniken entstanden die heute auch in SV Systemen angewendet werden. Ob eine Technik funktioniert merkst du daran, dass sie auch abrufbar ist wenn du unter Streß stehst, dein Herz rast, dir schlecht ist und dein Darm sich vielleicht in deine Hose entleeren möchte.
Bruce Lee sagte:
„Become like water, my friend.
Folge keinem starren, festen System und du wirst dich immer leicht anpassen können. Nimm an, was nützlich ist. Lass weg, was unnütz ist. Und füge das hinzu, was dein Eigenes ist.“
Meine „Top Aussagen“ über Selbstverteidigung:
- Was soll mir denn schon passieren?
Nun, im Jahr 2018 gab es offiziell 185377 erfasste (!) Fälle von Gewaltkriminalität und 3265 Todesopfer im Strassenverkehr. Warum schnallst du dich an beim Auto fahren, oder brauchst ein Auto mit Airbag, ABS und all den anderen elektronischen Helfern?
- Dann lauf ich einfach weg!
Meistens von Leuten hervorgebracht mit mindestens 15kg Übergewicht und vielleicht noch Stöckelschuhen, die schon nach der ersten Treppe pusten. . .
Genau, selbst wenn du fit bist musst du erst den Moment zur Flucht erkennen. Kannst du durchsprinten ohne dich umzudrehen, unter Adrenalin? Wir neigen dahin zu laufen wo wir hinschauen. Vielleicht bist du mit jemanden unterwegs den du nicht zurücklassen kannst, wie deinen Kindern. . .
- Dem trete ich in die Eier!
Sehr gut, schon mal gemacht? In der richtigen Distanz, unter Stress, was ist wenn der Aggressor nicht auf Schmerz reagiert? Wie kannst du ihn noch ausschalten?
- Ich betreibe Kampfsport, das ist das Gleiche.
Bist du vorbereitet deine ungeschützten Fäuste auf einen harten Schädel zu knallen und dann mit gebrochenen Händen dich gegen weitere Gegner, mit Waffen, zu verteidigen. Hast du Erfahrung im Clinch, im Fallen oder auf dem Boden?
- Ich gehe bewaffnet aus dem Haus ( Messer, Schlagstock )
Mal abgesehen von den rechtlichen Konsequenzen ( §42a ), bist du trainiert im Umgang mit dem Messer? Bei einem Messerkampf ist einer tot und der andere mindestens schwer verletzt. Kannst du für den Rest deines Lebens mit dem Gedanken leben, ein Leben genommen zu haben? Wir sind keine Elitesoldaten, selbst diese leiden unter diversen Traumen…
Oder vielleicht die rechtlichen Konsequenzen zu ertragen. Wie oft hast du den Umgang mit dem Stock trainiert oder den Einsatz von Pfefferspray? Wenn es tief in deiner Tasche liegt, ist es vielleicht besser du schlägst dem Aggressor die Handtasche auf den Kopf, ehe du es raus bekommen hast. Denke daran, deine stärkste Waffe trägst du zwischen deinen Ohren spazieren.
- Ich betreibe Kampfkunst, das ist das Gleiche.
Hast du deine Techniken schon mal ausprobiert an jemandem der sich bewegt? Viele lehren Schlagabwehr indem die Faust vor dem Gesicht stoppt und der Arm stehenbleibt, ohne das sich der zweite Arm bewegt. Hebeltechniken an unkooperativen Störern durchgeführt? Im Dojo bekommst du gesagt was du für eine Schlagabwehrtechnik üben sollst, und das funktioniert dann auch. Aber auf der Straße sagt dir das niemand, du durchläufst den OODA Loop, inklusive Einfluss des Hickschen Gesetzes.
Oft ist die Aussage: „. . .der Angriff kam wie aus dem nichts!“
Das ist falsch, der Gegner ist kein Geist, sondern hat vorher schon Signale gesendet die du nicht wahrgenommen hast oder nicht interpretieren konntest. Auch du hast Signale ausgesendet die von dem Angreifer interpretiert wurden, nämlich das du als Opfer in Frage kommst! Informier dich über den Cooper Colour Code!
Täter suchen Opfer und keine Gegner!!!
Und der letzte Hit – einen noch: Ich habe mal einen Selbstverteidigungskurs besucht.
Viel Glück!!! Vielleicht erkennt sich der ein oder andere wieder?